Weit entfernt vom Schiffbruch

Von | 11. Juni 2019

Georg Friedrich Händel und Klaus Doldinger: Der Barock-Komponist des 18. Jahrhundert und die Jazz-Legende der Gegenwart verfügen über eine erstaunliche Gemeinsamkeit – nämlich ihr Faible für eine besondere Form der „Wassermusik“. War es beim einen die Sammlung von zahlreichen Tanzsätzen für eine Bootsfahrt des damaligen englischen Königs auf der Themse, ging es Doldinger Anfang der 80er Jahre mit seinen Klängen um ein extrem massives und bis heute legendäres Gefährt des Wassers: „Das Boot“.

Am Sonntagabend steht Klaus Doldinger mit seiner Formation „Passport“ in Tirschenreuth auf der – wie passend – Bühne im Wasser. Und der 83-Jährige demonstriert gut zwei Stunden lang, warum er trotz seines Alters noch lange nicht zum „alten Eisen“ zählt. Es ist natürlich die Musik aus der Romanverfilmung von Lothar-Günther Buchheims „Das Boot“, die alle Anwesenden kennen. Es gibt wohl nur eine Handvoll Filmmusiken, die bereits mit den ersten Klängen – Stichwort Echolot – ein vergleichbares Gänsehaut-Gefühl erzeugen. Wenn dann auch noch der Mann, der das Werk geschrieben hat, selbst auf der Bühne steht und ins Saxophon bläst, dann ist das an Authentizität schwer zu überbieten. Da braucht es auch nicht die große Show, um Szenen einer auftauchenden „U 96“ vor das innere Auge zu zaubern. Gepaart wird dies dann noch mit Erzählungen Doldingers über seine Freundschaft zu Regisseur Wolfgang Petersen, Episoden aus der Produktionszeit und über die eher distanzierte Haltung des Komponisten zur „Fortsetzung“ der „Boot“-Geschichte.


„Das Leben spielt wie es spielen will“, wird Doldinger noch mehrmals an diesem Abend in Tirschenreuth sagen. Und das klingt so, als ob Doldinger mit seinem Leben sehr zufrieden ist. Zwischendrin kokettiert er mit seinem Alter („Ich bin steinalt“), um aber im selben Atemzug zu betonen, wie jung er sich eigentlich fühle. Gehörigen Anteil daran haben auch die Bühnenpartner Doldingers, eine Sechser-Combo aus hochklassigen Jazz-Musikern, die allesamt ihre eigenen Akzente setzen dürfen. Freilich: Doldinger ist der Band-Leader, aber zugleich auch ein ausgewiesener Team-Player. Der Jazzmusiker lacht und scherzt mit den allesamt deutlich jüngeren Bandkollegen und hat sichtlich Spaß an diesem Abend in Tirschenreuth. Und er, der gelernte Pianist, präsentiert sich als das, was er heute ist: Ein Meister am Saxophon, dynamisch, gefühlvoll und mit einer unglaublichen Schnelligkeit. Wenn er ins Instrument bläst, dann sind seine Augen meistens geschlossen. Dann verschmilzt er mit seinem Instrument, als ob er sich zwischen den Welten bewegen würde. Da paaren sich epische Stücklängen mit vielen Improvisationen, so dass ein Gesamtkunstwerk entsteht. „Happy Landing“, „Sahara“ oder die „Tatort“-Melodie sind nur einige Beispiele dafür…

Quelle und ganzer Text: https://www.onetz.de/deutschland-welt/tirschenreuth/weit-entfernt-schiffbruch-id2751413.html