Handwerkerscheune wird MQ-Außenstelle

Von | 15. Oktober 2020

Vor zwei Jahren zog der Arbeitskreis historisches Handwerk nach Matzersreuth. Nach einer Erweiterung und Umgestaltung ist die Handwerkerscheune nun offiziell ein externes Schaudepot des Museumsquartiers.

Sammeln, bewahren, erforschen und vermitteln – das sind die vier Hauptaufgaben für den Arbeitskreis historisches Handwerk. 2018 wird die Scheune in Tirschenreuth zu klein und der Nachlass der Fassbinderei Mickisch sowie weitere historische Werkzeuge und Raritäten ziehen in eine Halle nach Matzersreuth um. „Die Handwerkerscheune hat sich in den zwei Jahren unheimlich entwickelt“, lobt Bürgermeister Franz Stahl. Die AK-Mitglieder arbeiten seit der Gründung der Gruppe 1997 eng mit dem Museumsquartier zusammen, deshalb war schnell klar, dass die Handwerkerscheune als externes Schaudepot an das MQ angegliedert werden soll.

Fassbinderei das Herzstück

Seit dem Frühjahr gestalteten die Mitglieder die Handwerkerscheune um. Um mehr Fläche zu schaffen wurden störende Regale beseitigt, tonnenschwere gusseiserne Maschinen an die Transmission angeschlossen. Auch ein alter, fünf Zentner schwerer Blasebalg wurde wieder funktionstüchtig gemacht.

Die Fassbinderei nimmt mit etwa 100 Quadratmetern den größten Bereich ein und ist das Herzstück des Schaudepots. Dazu kommen die Bereiche Wagnerhandwerk, Schusterei, Sattlerei oder Drechslerei. Zu sehen sind Sammlungen früherer Werkzeuge, Unikate und Raritäten, etwa ein Butterfass oder eine besondere Uhr aus dem Nachlass eines Handwerkers. „Das Depot ist ein Fußabdruck der Geschichte“, sagt Stahl. „Das Museumsquartier hat mit dem Schaudepot einen guten Fang gemacht“, sind sich Stahl und MQ-Leiterin Stefanie Süß einig.

Das besondere am Schaudepot: Interessierte dürfen mitmachen, etwa beim Besen binden und Holzbottich machen. Die aktiven Mitglieder im Arbeitskreis engagieren sich mit Herzblut für den Erhalt des traditionellen Handwerks. Sie wollen alte Handwerksgeräte vor dem Entsorgen bewahren und damit wie früher arbeiten. „Die Geräte sind nicht nur irgendwie archiviert, sondern anschaulich präsentiert. Hier wird gearbeitet“, verdeutlicht Stahl. „Wir wollen das Wissen für an künftige Generationen weitergeben“, ergänzt AK-Vorsitzender Herbert Konrad, damit die Handwerkstechniken nicht in Vergessenheit geraten. So können die Mitglieder demonstrieren, wie ohne Schrauben, Nägel oder Leim ein Stuhl zusammengebaut wird.

Nächstes Projekt ist es, ein komplettes Bierfass mittels der traditionellen Produktionsabläufe des Fassbindens herzustellen. Daran arbeiten die aktiven Mitglieder derzeit eifrig. Neueste Errungenschaft ist ein Sudkessel, indem die Hölzer für Fassdauben gekocht werden können. Dadurch werden die Eichenbohlen geschmeidig und lassen sich biegen ohne zu brechen. Die mit Ziegelsteinen ummauerte Edelstahlwanne errichtete sich der Arbeitskreis selbst.

Anerkennung als Kulturerbe

Aufgrund der großen Bedeutung der mechanischen Fassfabrik Mickisch in Tirschenreuth zu Beginn des 20. Jahrhunderts stellte der Arbeitskreis gemeinsam mit der Stadt einen Antrag auf immaterielles Kulturerbe, um das Kulturgut zu erhalten. „Die Fassbinderei war ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor in Tirschenreuth“, weiß Herbert Konrad. Die 1875 gegründete Fassbinderei beschäftigte in ihrer Hochphase bis zu zehn Gesellen. Der bevorstehende Abriss der Binderwerkstatt 1997 war die Geburtsstunde des Arbeitskreises.

Die Gruppe bewahrte die komplette Einrichtung vor der Verschrottung, darunter typische Fassbinder-Werkzeuge und Maschinen. „Gottseidank ist das nicht auf dem Schrottplatz gelandet. Wir hätten jetzt zwar weniger Arbeit, aber ein Teil der Geschichte und das alte handwerkliche Wissen wäre futsch“, erklärt Konrad. Das Werkzeug sei da, die Fähigkeiten eignen sich die Arbeitskreis-Mitglieder – alles Laien – an. Mit ihren Fachwissen helfen etwa Schreinermeister Otto Weiß oder Zimmerermeister Lorenz Trisl. „Wenn ich keine zwei linke Hände hätte, würde ich auch mitmachen“, sagte Stahl und lachte…

Quelle und ganzer Text: https://www.onetz.de/oberpfalz/matzersreuth-tirschenreuth/handwerkerscheune-mq-aussenstelle-id3112266.html