Ein unglaubliches Gesellenstück

Von | 25. August 2018

Franz Kühns Gesellenstück von 1895 ist ein Meisterwerk. Der Porzellanmaler stammt aus dem Sudetenland, lebt lange in Griesbach und arbeitet in Tirschenreuth. Mit den beiden Franz Kühns aus dem "Goldenen Schwan" hat er nichts zu tun.

Goldumrandet ist der handgemalte zartrosa Teller, den der Porzellanmalerlehrling damals gefertigt hat. Darauf zu sehen ist ein Stillleben aus Wildrosen und Glockenblumen. Ein florales Motiv, wie es zuhauf zu finden ist. Erwähnenswert ist, dass es sich um ein Gesellenstück handelt. "Ein unglaubliches", wie Herta Bayreuther, zweite Vorsitzende des Fördervereins Porzellan- und Kachelmuseum, feststellt. Zeige es doch über welch großes Talent der damalige Azubi verfügt habe. Eine echte Kostbarkeit, die der Förderverein von Günter Gradl aus Privatbesitz erhalten hat. Kühn, ein gebürtiger Griesbacher, war noch ein kleiner Bub, als 1958 nebenan das kleine Haus (Griesbach 1) des Franz Kühn (1870 bis 1954), das sogenannte "Kühn-Haisl" gleich neben der Kirche, abgerissen wurde. In dem Bereich steht heute das OWV-Heim.

Hochzeitsgeschenk

Franz Kühn sei kinderlos und zum dritten Mal verwitwet gewesen. Er schenkte seiner Nachbarin drei seiner schönsten und wertvollsten Porzellanstücke. Sie wiederum vermachte die Teller ihrem Sohn, Günter Gradl, zur Hochzeit. Gradl erinnert sich, dass die Teller stets im Schlafzimmer der Mutter aufbewahrt waren. Schon seit den 1970er Jahren lebt Günter Gradl in Tirschenreuth.

Vor wenigen Jahren beschloss er, die edlen Porzellanstücke dem Förderverein zu überlassen. Bei der aktuellen Ausstellung, "25 Jahre Förderverein Porzellan- und Kachelmuseum im Museumsquartier", sind zwei davon zum ersten Mal zu sehen. Sie gelten als ein einmaliges Zeugnis der Tirschenreuther Porzellanmalerkunst. Kühns Werke stünden dabei stellvertretend für die künstlerische Bedeutung der Tirschenreuther Porzellanmanufakturen von anno dazumal. Große Meister aus Meißen und Dresden fanden damals hier ein Auskommen und gaben ihr kreatives Handwerk an junge Dorfbuben weiter, Buben wie Franz Kühn, dessen Begabung sonst vielleicht nie entdeckt worden wäre.

Kachel-Unikate zu sehen

Diese und viele weitere Geschichten aus 180 Jahren Tirschenreuther Porzellantradition gibt es noch bis zum 16. September in der Sonderausstellung im MQ zu erleben. Das eigene Maltalent auf Porzellan kann dabei auch praktisch ausprobiert werden. Am Sonntag, 26. August, dürfen Kinder im Museum ihren eigenen Frühstücksbecher gestalten, am Sonntag, 2. September, warten kleine Gipskarpfen auf kreative Pinselstriche und am Sonntag, 16. September, kommt der Porzellanmaler Moritz Hegy aus Selb ins MQ und lässt sich bei Portraitmalereien auf Porzellan über die Schulter schauen.

Des Weiteren sind Unikate aus der Tirschenreuther Kachelproduktion von Anbeginn bis heute zu sehen. Und wie der Abbau von Kaolin, eine der wichtigsten Rohstoffe für Porzellan, in der Tirschenreuther Schmelitz funktioniert, wird ebenfalls gezeigt.

Quelle: https://www.onetz.de/oberpfalz/tirschenreuth/unglaubliches-gesellenstueck-id2472527.html