Nachhaltiges Glaubenserlebnis

Von | 16. März 2015

Tirschenreuth. (Holger Stiegler). Die Passion Christi hat bekanntlich viele Künstler zum kreativen Schaffen angeregt: im Film, in der Musik, in der darstellenden Kunst – und im Theater. In Tirschenreuth bewegt seit Samstag eine gelungene kammerspielartige Inszenierung die Zuschauer.

„Mei Bou is gstorbn, mei Kind is dout. Dei Mutter, Jesus, woiss nu gout, wejs di min Josef aafzuang hout. Vo derer Stund oa hob ich gwisst, dass du unser Erlöser bist.“ Dieser Wehklage der Gottesmutter Maria (Sandra Zech) wohnt sowohl die Trauer über den Tod des Heilands, aber auch die Aussicht auf Erlösung der Menschheit inne. Nach 100 Minuten Spielzeit herrscht erst einmal Stille, vielleicht 10 Sekunden lang. Erst dann kommt allmählich der Applaus, dafür aber umso kräftiger. Ergriffen und überwältigt sind die 400 Besucher am Samstagabend im Tirschenreuther Kettelerhaus von der „Tirschenreuther Passion“, dem Spiel vom Leiden und Sterben Jesu Christi aus der Feder von Johannes Reitmeier. Vor den Augen zahlreicher Ehrengäste gerät die Aufführung zum beeindruckenden Erlebnis in der vorösterlichen Zeit.

Spiel in Mundart

Es ist zwar die bekannteste Geschichte der Welt, ein alltägliches Erlebnis ist die Tirschenreuther Passion allerdings nicht – schon alleine wegen der stiftländisch-oberpfälzischen Mundart: Aber auch die rund 100 Mitwirkenden auf und hinter der Bühne sorgen dafür, dass das Laienspiel zu einem nachhaltigen Glaubenserlebnis wird.

Bereits zum fünften Mal steht die Passion seit ihrer Erstaufführung 1997 in Tirschenreuth im kulturellen Mittelpunkt: Für die Inszenierung ist nach wie vor Autor Johannes Reitmeier verantwortlich, die Spielleitung lag in diesem Jahr in den Händen von Stefan Tilch, Intendant des Landestheaters Niederbayern und im vergangenen Jahr bei den Luisenburg-Festspielen Regisseur der „Comedian Harmonists“. Als Jesus-Darsteller wirkt nach 2010 erneut Stefan Malzer: Er verleiht dem Gottessohn eine charismatische und emotional überzeugende Bühnenpräsenz. Es fällt dem Publikum deswegen auch nicht schwer, die Leiden und Schmerzen Jesu bei Kreuzweg und Kreuzigung nachzuempfinden. Ebenfalls im Zentrum des Spieles stehen die starken Widersacher des Jesus: Herbert Kreuzer, der den Hohen Rat Kaiphas verkörpert, gelingt eine überzeugende Darstellung des Bösen schlechthin. Aggressiv wiegelt er sein Umfeld auf, Jesus zum Tode zu verurteilen.

Gleiches gilt für Jürgen Land, der als gefallener Jünger Judas auftritt: Ihm nehmen die Besucher das Diabolische einerseits sowie die innere Zerrissenheit und Verzweiflung andererseits bereitwillig ab. Eine starke Leistung bietet zudem Florian Winklmüller erstmals in der Rolle des Pontius Pilatus: Überzeugend agiert er als römischer Statthalter zwischen Feigheit, Vernunft und Verzweiflung, der Jesus (den er selbst auch in drei Spielzeiten verkörperte) wider besseres Wissen zum Tode verurteilt. Nicht wegzudenken vom Geschehen auf der Bühne sind die vier Erzähler, die Evangelisten Markus (Albert Bauer), Matthäus (Maximilian Schön), Lukas (Thomas Sporrer) und Johannes (Rudi Schmidt). Zusammen mit allen anderen Akteuren steht ein Gesamtensemble auf der Bühne, das die Passion nicht nur spielt, sondern „lebt“.

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